Meine erste Rasur
Früher taten es fast alle Männer, später dann nur noch die feinen Herren. Die Rede ist vom Rasieren, genauer, vom Rasieren lassen.
Bei meinem Friseur wurde ich angesprochen, ob ich nicht dafür Modell stehen wolle, man sei noch unerfahren, solle aber demnächst auch diese Dienstleistung anbieten. Ich bot mir ein paar Tage Bedenkzeit aus, ließ die Stoppeln etwas sprießen und begab mich unerschrocken in den Salon.
Während ich eingeseift wurde, unterdrückte ich erste Fluchtgedanken und versuchte mich in belangloser Plauderei. Als ich dann das Messer sah, wechselten Fluchtgedanken und Szenen aus einem Film, in dem der Oberschurke von einem gedungenen Mörder mittels Rasiermesser final behandelt wurde, einander ab. Ich verfluchte mich für alle frechen Bemerkungen, die ich als Kunde der Friseurin in meinem bisherigen Leben gesagt hatte und gelobte, für den Rest meines Lebens nett und freundlich zu ihr zu sein, egal, wie lange es noch andauerte.
Mit einem bezaubernden Lächeln umspielte sie ihre Unerfahrenheit und setze den kalten Stahl an. Ich hielt die Luft an, atmete so flach und langsam wie nur möglich und schwieg eisern. Immer, wenn sie den Schaum von der Klinge wischte, holte ich Luft und beantwortete ihre Fragen, wie es sich denn anfühlte und ob das so gut sei.
Irgendwann war sie dann fertig und fragte mich, ob ich wiederkommen wolle, denn noch andere Kolleginnen wollten üben. Natürlich. Diesen Luxus gönne ich mir nun öfter.
Ach so: Schnittverletzungen gabs übrigens keine, was ich von meinen ersten eigenen Versuchen nicht behaupten konnte.
Frauen haben’s eben im Blut …
sie sollten sich bei der gelegenheit einige feinheiten abschauen;)